Von der Heimat zum Zuhause
«Home is, where the Bauch doesn’t have to be eingezogen.»
Diese Postkarte hängt bei Freunden – ein lustiger Hingucker. Bedeutet so viel wie: Zuhause ist da, wo ich loslassen kann, wo ich nicht gefallen muss. Ein Ort, an dem ich einfach sein darf. Neudeutsch: ein safe space. Zuhause ist in dem Sinne vor allem ein Gefühl. Ich kann mich auch unterwegs zuhause fühlen – oder bei Menschen, die mir guttun.
Gerade in unsicheren Zeiten ist das eine wichtige Qualität. Zuhause – dieses Wort ist mir näher als «Heimat». Heimat ist ein Begriff, der emotional aufgeladen ist. In Deutschland wurde er politisch missbraucht. Die Familie meines Vaters hat das leidvoll erfahren. Viele seiner Verwandten starben für das sogenannte Vaterland, er wurde als Kleinkind Vollwaise. Die Heimat seiner Kindheit musste er fluchtartig verlassen.
Vielleicht fühlt er sich deshalb Menschen besonders nahe, die geflüchtet sind. In seiner Kirchgemeinde engagiert er sich im «Café Hope», einem Begegnungsort für Menschen ohne sichere Heimat. Dort erleben sie Gemeinschaft – und manchmal so etwas wie ein Zuhause auf Zeit.
Auch die Bibel kennt viele Fluchtgeschichten. Menschen fliehen vor Hunger, Gewalt, Sklaverei. Und manche finden – mit Glück oder Segen – einen sicheren Ort. Ein Zuhause auf Zeit. Menschen, die sie aufnehmen. Ein göttliches Himmelszelt, das sich schützend über sie spannt.
Rund um den 1. August mache ich mir Gedanken über «Heimat». Ich wünsche es mir nicht als Begriff der Abgrenzung. Sondern als Qualität: etwas, das wir finden und mit anderen teilen können.
Vikarin Dorothee Adrian