Predigt am Sonntag, 12. Oktober
Markus Perrenoud
Liebe Gemeinde
Vielleicht haben Sie es in der Tagesschau gesehen: vor ein paar Tagen ist Alfred Heer
gestorben. Alfred Heer war ein Schweizer Politiker – für den Kanton Zürich sass er im
Nationalrat, er gehörte zur Zürcher SVP, für viele ein Begriff. Man darf sagen: Alfred
Heer hat pointiert politisiert, er nahm kein Blatt vor den Mund, konnte wacker
austeilen. Aber eben: vor ein paar Tagen ist er ganz überraschend im Alter von 63
Jahren gestorben –– gesund und tot.
Die Nachricht von seinem Tod verbreitete sich in Windeseile. In Bundesbern geschah
dann etwas, was immer geschieht, wenn ein Politiker oder eine Politikerin von
nationalem Rang stirbt: Es gab eine Schweigeminute, Politikerinnen und Politiker aus
allen Parteien hielten Trauerreden. Dazu gehörten auch solche, die sonst wenig mit
Alfred Herr gemeinsam hatten, das politische Heu auf einer ganz anderen Bühne: Sie
alle sprachen ihr Beileid aus – erzählten ganz persönlich, wie sie Alfred Heer erlebt
haben – was für ein Mensch er war – wie sie mit ihm zusammengearbeitet haben.
Ich finde das immer eine Sternstunde in unserer Schweizerischen Demokratie. Sie
macht deutlich, was wir ja immer schon wissen: Politiker sind auch nur Menschen. Es
gibt vieles, was uns trennt – und es lohnt sich, darüber zu streiten. Aber es gibt
noch viel mehr, was uns verbindet – und es ist wichtig, dass wir das nicht vergessen.
Was uns verbindet, das ist das Leben – der Hunger und Durst nach Leben – die
Verletzlichkeit des Lebens. Über alle politischen, ideologischen, religiösen Gräben
hinweg reichen wir uns die Hände. Genau das ist es, was uns Menschen ausmacht.