Ihr seid das Salz der Erde
Predigt am 12. Januar 2025

Pfarrer Markus Perrenoud

 

Liebe Gemeinde
Meine Kinder spielen ab und zu ein Spiel – es heisst „kennst du den Unterschied“. Man denkt sich zwei Gegenstände aus, das Gegenüber muss dann herausfinden, worin der Unterschied zwischen beiden besteht. Also zum Beispiel: Was ist der Unterschied zwischen einem Menschen und einem Teppich? Ja genau: wenn am Morgen der Wecker läutet, steht der Mensch auf – der Teppich aber bleibt liegen!

Ein solches Spiel will ich jetzt auch mit Ihnen spielen – natürlich habe ich dafür tiefe theologische Gründe. Auf dem Abendmahlstisch liegen auf der einen Seite ein Stein und eine Blume und auf der anderen Seite eine Schachtel Kochsalz und eine brennende Kerze – Sie erahnen meine pädagogische Absicht. Meine Frage: worin besteht der Unterschied zwischen diesen beiden Gruppen?

Richtig: ein Stein und eine Blume sind einfach das, was sie sind – und das ist gut so. Bei Salz und Licht ist es anders – die wurden für einen bestimmten Zweck und eine bestimmte Aufgabe gemacht. Die sind nicht einfach das, was sie sind, sondern das, was sie tun und bewirken. Salz ist zum Salzen da – wenn es das nicht mehr tut, dann kann man es genauso fortwerfen. Eine Kerze ist zum Leuchten da – wenn man einen Scheffel (= eine Hohlform) drüberlegt, dann macht das keinen Sinn – dann kann man das Licht gleich auslöschen.

Genau das ist die Pointe unseres heutigen Wortes aus der Bergpredigt: „Ihr seid das Salz der Erde und das Licht der Welt.“ (Mt 5,13ff) Jesus sagt dieses Wort zu seinen Jüngerinnen und Jüngern – also auch zu uns, die wir uns Christinnen und Christen nennen. Das Wort ist wohl die kürzeste und prägnanteste Antwort auf die Frage, wer wird denn sind. Jesus sagt: Ihr seid Salz und Licht – ihr habt eine Aufgabe und Bestimmung – ihr seid da, um etwas zu tun und zu bewirken – daran und an nichts anderem wird man euch messen.

Das ist ein Gedanke, der sich im Matthäus-Evangelium (in dem die Bergpredigt ja steht) an vielen Orten findet: An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen – nach euren Werken werdet ihr selber einmal beurteilt werden. Matthäus vertritt – in polemischer Abgrenzung zu den sogenannten «Pharisäern» und «Schriftgelehrten» – ganz entschieden ein praktisches Christentum, ein Tatchristentum: was ihr an einem meiner Geringsten getan hat, das habt ihr mir getan.

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