Was bleibt?
Neulich sass ich am Sterbebett, vor mir eine Person, die ich seit längerem begleite. Beim letzten Besuch hatte ich sie munter angetroffen, nun war sie gestürzt und praktisch über Nacht schneeweiss geworden. Da lag sie, schwach und zerbrechlich und gleichzeitig ganz konzentriert – wie jemand, der auf eine weite Reise geht und überlegt, was er mitnehmen will. Ich setzte mich ans Bett, was soll man da bloss sagen? Auf dem Beistelltisch standen Fotos aufgereiht: ein Gartenhäuschen voller Erinnerungen, das Grab eines geliebten Menschen, Postkarten von den Kindern – ein ganzes Leben. „Es bleibt so wenig“, meinte die Person plötzlich.
Ja, was bleibt, wenn wir gehen? Die Frage habe ich mitgenommen, als ich das Zimmer wieder verliess. Momentan passiert in der Welt so viel Trauriges: wie heilvoll wäre es, wenn die Verantwortlichen sich vorher gefragt hätten „was bleibt“? Was nehmen wir mit, wenn wir einmal auf die grosse Reise gehen, und was lassen wir hier auf Erden zurück? Der Apostel Paulus hat dazu eine entschiedene Meinung: „Am Ende bleiben Glaube, Liebe, Hoffnung, nur diese drei. Am grössten unter ihnen aber ist die Liebe.“
Pfarrer Markus Perrenoud